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Die politische Wende und Ihre Auswirkungen
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Die Wirtschaftstätigkeit der wurde DDR-weit immer kritischer. Besonders die Materialbereitstellung auf allen Gebieten wurde immer schwieriger. Fast alles wurde kontingentiert. Immer mehr wurde von außen administrativ in den Wirtschaftsprozeß eingegriffen, der immer zähflüssiger wurde. Havarien an Schwerpunkten der Wirtschaft aufgrund immer mehr um sich greifender Unzulänglichkeiten, überalteter, immer maroder werdenden Anlagen und Systeme führten zu einer wahren Flut an Untersuchungen und Überprüfungen sowie Auflagen durch staatliche Organe. Sie schufen allerdings Möglichkeiten, auf diesem Wege der Auflagenerledigung notwendige Instandsetzungen zu realisieren und die Sicherheit zu wahren. In dieser Zeit hat es auch eine ganze Reihe kategorisch angewiesener, oft unverständlicher bzw. nicht überzeugender Investitionen gegeben, die sich nachher als Fehlinvestitionen erwiesen.
Die Liquidierung der mittleren und kleinen Industriebetriebe Ende der 70-iger und in den 80-iger Jahren, einer der größten Fehler in der Honecker/Mittag' schen Wirtschaftspolitik der DDR war wohl eine der Hauptursachen der sich laufend verstärkenden Misere in der Wirtschaft.
Die Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern wurde ein immer größeres Problem. Daraus entstanden staatlich Auflagen an die Betriebe und Kombinate, zusätzlich zur normalen Produktion Konsumgüter herzustelIen und zwar nicht nach dem Bedarf des Marktes, sondern wie man es am besten konnte. Die Palette ging damals von primitivstem Holzspielzeug zu Zaunpfählen, Gartenstuhlfertigung und zuletzt zur Fertigung von Rasenkantensteinen aus Fertigbeton.
Außerdem wurden Bauelemente, sogenannte Rationalisierungmittel für andere Betriebe anfertigt. In fast keinen Fall konnte aufgrund der für diese Produktion zu primitiven Bedingungen kostendeckend gearbeitet werden. Für die Belegschaft der Spaltanlage war es günstig, die Arbeitskräfte, zwischen den Betriebsphasen der Anlagen für die Konsumgüterproduktion einzusetzen.
Als eine Fehlinvestition erwies sich auch die Erweiterung der Konsumgüterproduktion in der Volkswerft. Auf Grund der äußert knappen Situation bei Fahrzeugachsen, wurde kurzfristig eine Produktionshalle auf dem Gelände des damaligen MAB (Volkswerft) errichtet. Für die Glühprozesse sollte Stadtgas zum Einsatz kommen. Dazu war die Verlegung einer Mitteldruckleitung bis zum Achsenwerk notwendig. Auf dem Gelände des ehemaligen Kleinbahnhofes in der Nähe des Tierparks wurde die Einbindung in die Hochdruckleitung durchgeführt und ein Reglerschrank aufgestellt.
Im Frühjahr 1989 ging das Achsenwerk in den Probebetrieb und die Mitteldruckleitung wurde ebenfalls in Betrieb genommen. Der Bau der Mitteldruckleitung und auch die Bereitstellung der notwendigen Investitionsmittel wurden ausschließlich von der Volkswerft vorgenommen.
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Für die Gasverteilung sollte im Jahr 1990 eine größere Investitionsmaßnahme hinzukommen. Auf Grund einer Festlegung im Jahre 1988/89 der damaligen Bezirksleitung der SED wurde entschieden in der Innenstadt, ähnlich, wie in Greifswald den innerstädtischen Wohnungsbau als Plattenbau zu fördern. Der Anfang wurde bekanntlich in der Baden-, Mauer,- und Semlowerstr. gemacht. In diesem Komplex wurde die Beheizung der Wohnungen und der Geschäfte mit einer Warmwasserheizung realisiert.
Die Wärmeerzeugung wurde auf Nachtstrombasis, mittels Speicherung durchgeführt. Diese Art der Wärmeerzeugung erwies sich aber als unpraktisch. StrelaGas errichtete in den Kellerräumen eine Erdgasheizung und versorgt den Gebäudekomplex seit dem 14.09.1993 mit der Nahwärmelösung.
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Für das sogenannte Innerstädtische Baugebiet 2 am Frankenwall, Fischergang, Frankenstr. sollte nun kurzfristig die Beheizung auf Stadtgasbasis erfolgen. Dafür war die Errichtung eines Heizwerkes notwendig. da die Versorgung aus dem vorhandenen Mittel- und Niederdrucknetz aber nicht abgesichert werden konnte, musste eine Hochdruckleitung mit 1,36 km Länge vom Frankendamm bis zur Weingartenbastion gebaut werden. Die Regelstation bekam eine zweistufige Ausspeisung. Einmal wurde in das Niederdrucknetz gespeist.
Die Mitteldruckeinspeisung war für das Heizhaus vorgesehen, sollte aber eine Verbindung zum bestehenden Mitteldrucknetz am Busbahnhof erhalten. Die alte Mitteldruckstation am Busbahnhof wurde aber erst zur Erdgasumstellung stillgelegt. Das Gasprojekt wurde 1990 realisiert. Mit dem innerstädtischen Wohnungsbau wurde es nichts mehr, denn die geschichtlichen Ereignisse ab 1989 haben dieses Projekt in Vergessenheit geraten lassen.
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Die politische Entwicklung in der DDR nach 1989 hatte auch Auswirkungen auf die Gasversorgung in Stralsund.
Viele Mitarbeiter der Stralsunder Energieversorgung haben aktiv an den friedlichen Demonstrationen teilgenommen und wurden politisch aktiv. Zwei Mitarbeiter wurden bei den ersten freien Kommunalwahlen im Frühjahr 1990 Mitglieder der Stralsunder Bürgerschaft und einer davon ihr erster Präsident.
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Zur Perspektive der Spaltanlage Stralsund gab es im Zeitraum 1990/91 auch viel hin und her. Das Verbundnetz Gas, inzwischen Verbundnetz Gas AG (VNG AG), war wichtigster Partner der Spaltanlage Stralsund. Aufgrund der normalisierten Flüssiggaspreise war das VNG AG im Frühjahr 1990 sogar der Meinung, die Spaltanlage Stralsund würde noch weit über das Jahr 2000 und künftig sogar zur Grundlastfahrweise gebraucht.
Der Krieg in Kuwait und mit dem Irak zog einen erheblichen Flüssiggaspreisanstieg nach sich und der stark sinkende Stadtgasabsatz führten zur raschen Korrektur dieser Auffassung. Im Herbst 1990 wurde der Neubau einer 64bar Stadtgasleitung vor Glasewitz (bei Gustrow) nach Dargun für 1992 geplant. Damit war das Aus für die Spaltanlage Stralsund schon für 1992 nach dem Winterbetrieb vorprogrammiert.
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In den Monaten Februar und März 1992 wurden die Restbestände Siedegrenzenbenzin aus dem Tanklager in Stralsund und Flüssiggas aus dem Untergrundspeicher Gnetsch bei Bernburg in der Spaltanlage Stralsund eingesetzt. Am 23.03.1992 um 14.00 Uhr waren die Flüssiggasrestbestände im Tanklager Miltzow verbraucht. Mit der restlichen Gasphase des Flüssiggases und den Entladeverdichtern wurde dann der Restinhalt der Flüssiggasfernleitung nach Stralsund gedrückt und zu Stadtgas verarbeitet. Am 24.03.1992 um 20.23 Uhr wurde die Anlage vom jüngsten 1. Maschinisten aus Schicht 3, Herrn Thomas Pelz, endgültig abgestellt.
Zugegen war auch der Schichtmeister der Schicht 3, Herr Klaus Forst, der 30 Jahre zuvor am 13.02.1962 als junger Maschinist dabei war, als die erste Linie der Ölspaltanlage gezündet wurde.
Damit ging die Ära der Stadtgaserzeugung in Stralsund zu Ende.
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