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Von der Jahrhundertwende zum ersten Weltkrieg
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Ende der sechziger Jahre kam es erst einmal zu einer Stagnation in der Entwicklung der Gasabnahme, zeitweilig sogar zu einem gewissen Rückgang.
Ein Konkurrent des Leuchtgases hatte sich eingestellt. Im Jahre 1867 begann man mit der Einführung des amerikanischen Petroleums.
Da die Kosten des Petroleums damals nur etwa ein Drittel der Kosten des Leuchtgases betrugen, verbreitete sich die Anwendung des Petroleums sehr stark und fand breite Zustimmung vor allem bei den armen Schichten der Bevölkerung.
Es schlossen sich deshalb viele Gasabnehmer zusammen und forderten Preisabbau. Falls ihre Forderungen nicht verwirklicht würden, waren sie bereit, die Gasbeleuchtung einzustellen.
Nach langen Verhandlungen aber sah sich der Rat der Stadt gezwungen, den Preis für das Leuchtgas um ein Drittel herabzusetzen. Die Konkurrenz des Petroleums war damit aber nicht überwunden. Das drückt sich in der kaum zunehmenden jährlichen Gasabgabe bis zum Jahre 1892 aus.
In den Jahren 1868 und 1869 war sogar ein Rückgang in der Gasproduktion zu erkennen. Das Petroleum blieb ein ernster Konkurrent und war zu einer ernsten Gefahr für die Gasanstalt geworden. Der Gefahr war nur mit Verbesserung der Qualität des Gaslichtes zu begegnen.
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Verwaltung um die Jahrhundertwende
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Ein erster Schritt dazu war die Erfindung des Siemens-Regenerativ-Brenners. Die Einführung dieses Brenners blieb aber auf die Privathaushalte beschränkt. Nur der große Kandelaber, der auf dem Neuen Markt stand wurde 1881 versuchsweise so ausgerüstet.
Eine wesentlich bedeutendere Erfindung war jedoch die des Gasglühlichtes. Rasch setzte sich in den meisten Städten die Anwendung des Gasglühlichtes durch.
Für die Lichterzeugung wird in einem ersten Schritt Gas verbrannt, sodass ein sehr heißes Verbrennungsprodukt erzeugt wird. Dieses Gemisch durchströmt dann ein Netz (annähernd kugelförmig, als Glühkörper bezeichnet). In dem Gewebe des Glühkörpers sind Stoffe eingebracht, die diese zum leuchten bringen.
Noch heute wird dieses Verfahren in der öffentlichen Gasbeleuchtung angewendet. Aber auch im Haushalt, Camping und in der Schifffahrt ist dieses Verfahren nach wie vor von Bedeutung.
Doch die Stralsunder Gasfachleute verhielten sich konservativ. Sie waren von der Erfindung nicht überzeugt
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Aufsatz des Direktor Liegel
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Am 10.05.1855 erfindet Robert Wilhelm Bunsen
den Bunsenbrenner
Ein paar Jahre später begann damit die Nutzung des Gases für Kochzwecke.
Die ersten Gasherde und -kocher wurden im Jahre 1894 eingeführt, aber das Kochen mit Gas wollte sich nicht so schnell einbürgern. Während im Jahre 1894 insgesamt sieben Herde und fünf Kocher benutzt wurden, waren es nach einem Jahr erst elf Herde und neun Kocher.
Die Grundlage für die allgemeine Einführung des Kochgases wurde erst dadurch geschaffen, dass 1911 der Doppeltarif für Leucht- und Kochgas aufgehoben und der Gaspreis von 25 Pfennig auf 11 Pfennig pro Kubikmeter heruntergesetzt wurde.
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Im August 1910 reichte der Direktor des Gaswerkes, Herr Rauschenbach, an die Inspektion der Gas- und Wasserwerke einen Entwurf für die Installationsvorschriften an Gasanlagen ein. Es wurde notwendig, dass die privaten Installateure genaue Vorschriften bekamen, wie die Arbeiten ausgeführt werden sollten. Gleichzeitig sollte die Zulassung erstmals schriftlich erteilt werden
Die Installateure die zugelassen werden wollten, sollten einen Anerkennungsschein unterschreiben. Diese Installateure wurden dann in einem Verzeichnis in den Zeitungen vorgestellt.
Die ersten zugelassenen Installateure waren unter anderen
Firma Grönhagen, Firma Milles, Firma Wahl.
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Im Jahre 1899 wurde das Gaswerk mit dem Wasserwerk unter der Bezeichnung "Städtische Gas- und Wasserwerke" vereinigt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Gaswerk unter der Bezeichnung "Gasanstalt zu Stralsund" geführt.
Es wurde ein gemeinsames Verwaltungsbüro eingerichtet und befand sich bis 1920 in der Badenstr. 13. Mit der Arbeit dieses Verwaltungsbüro, dem ein Stadtaktuar vorstand, war die Tätigkeit der Inspektion nicht erloschen. Diese Inspektion, bei dem ständig ein Ratsmitglied den Vorsitz führte, übte nunmehr die Aufsichtsfunktion über das Büro und die Betriebsleitung aus.
Nach Aufhebung des Doppeltarifs und Einführung des einheitlichen Gaspreises von 11 Pfennig je Kubikmeter Gas stieg die Gasabgabe sprunghaft in die Höhe. Das Gas war auf dem besten Wege, sich das gesamte Feld der Wärmewirtschaft zu erobern. Betrug die jährliche Gasabgabe 1895 von 65.000 Kubikmeter, waren es 1903 schon 130.100 Kubikmeter.
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Das alte Ofenhaus und Apparatehaus
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In Spitzenzeiten wurden bis zu 5.000 Kubikmeter Gas am Tag erzeugt. Damit hatte das Gaswerk seine Leistungsgrenze erreicht und Erweiterungsmaßnahmen wurden notwendig. Darum stellte das Städtische Gas- und Wasserwerk den Antrag auf Vergrößerung und Modernisierung. Der Rat der Stadt Stralsund genehmigte 1903 die Vergrößerung des Gaswerkes. Dazu wurden folgende Vorhaben geplant:
Aufbau eines neuen Ofenhauses mit Retortenöfen Vergrößerung der Reinigung Teleskopierung der Gasbehälter I und II Errichtung eines neuen Gasbehälters Errichtung einer Dampfkesselanlage, Aufbau einer Ammoniakfabrik
Schon im Jahre 1903 wurden die Gasbehälter I und II teleskopiert. Die Erneuerung der Gasbehälter wurde mit einem Kostenaufwand von 11.220,00 RM durchgeführt. Der eigentliche Umbau des Gaswerkes vollzog sich aber in den Jahren 1904 bis 1905. Das Gaswerk war nach diesem Umbau in der Lage, jährlich bis zu vier Millionen Kubikmeter Gas zu erzeugen. Daher tauchten auch schon 1903 die ersten Pläne auf, den Dänholm mit Gas zu versorgen.
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Gasbehälter 1 und 2
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Um die Speicherkapazität an Gas zu erhöhen, wurde in richtiger Voraussicht 1913 die Entscheidung getroffen, einen Gasbehälter mit 10 000 Kubikmeter Inhalt zu errichten. Viele Firmen bewarben sich um diesen Auftrag, darunter auch so bekannte Firmen wie August Klönne, Berlin-Anhaltische Maschinenbau-AG (BAMAG) und Didier. Schließlich wurde der Auftrag an die Firma August Klönne vergeben. Die Firmen Klönne und BAMAG waren wesentlich an den Bauvorhaben des Gaswerkes beteiligt. Der Bau wurde 1914 ausgeführt.
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Der 10.000 Kubikmeter Gasbehälter
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Im Jahr 1914 wurden auch erstmals in Stralsund die Münzgaszähler eingesetzt. Die waren bis zur Inflationszeit sehr beliebt und wurden dann aber gegen normale Zähler ausgetauscht. Erst 1927 wurden die Münzgaszähler wieder eingeführt und erreichten im Jahre 1932 die Anzahl von 700 Stück.
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Münzgaszähler
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Durch die Vergrößerung des Gaswerkes und die ständig steigende Gaserzeugung fielen auch immer größere Mengen an Nebenprodukten wie Teer und Ammoniakwasser an. Darum stellte das Gaswerk am 28.10.1915 an die Inspektion der Gas- und Wasserwerke den Antrag zur Schaffung eines Hochbehälters für Teer und Ammoniakwasser. Dabei sollte auch an die Verbesserung der Sanitäreinrichtungen für die Arbeiter gedacht werden.
In den 57 Jahren seines Bestehens gab es im Gaswerk noch keine Bade- und Aufenthaltsräume. Von den Arbeitern gab es deshalb schon zahlreiche Beschwerden. Die Forderung der Arbeiter wurde vom Rat der Stadt Stralsund unterstützt, denn dieser entschied, dass für je fünf Arbeiter eine Waschgelegenheit zu errichten sei. So wurde also im Gaswerk ein Baderaum errichtet, in dem vier Brausebäder, ein Wannenbad und fünf Waschbecken vorhanden waren. Außerdem entstand ein Aufenthaltsraum.
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Durch die ständig steigende Gasproduktion machte sich bald ein neuer Engpaß innerhalb des Gaswerkes bemerkbar. Der Kohlenantransport vom Seehafen mittels Pferdewagen reichte nicht mehr aus, um ein Schiff schnell zu entladen. Dadurch wurde die Idee geboren, eine eigene Anschlußbahn zu errichten. Diese Anschlußbahn sollte an das bereits vorhandene Hafenbahngleis einbinden, um die Kohlen per Waggon zum Gaswerk transportieren zu können.
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Antrag zur Errichtung einer Anschlussbahn
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